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Aktuelles:
Die Friedensinitiative Hersfeld-Rotenburg hat am 9. Juli 2018 beschlossen, sich der folgenden ökumenischen Resolution der Kirche Mitteldeutschland anzuschließen:
Atomwaffenverbot ins Grundgesetz!
Wir sagen Nein zu Atomwaffen und zur atomaren Teilhabe Deutschlands.
Ein Appell an die Regierung, an unsere Kirchen und an uns selbst.
Ein oekumenischer Aufruf gegen die Verdrängung der atomaren Gefahr.
Wir erinnern daran, dass vor siebzig Jahren in Amsterdam der Weltrat der Kirchen
gegründet wurde. Von 1948 bis in unsere Tage hinein hat der Weltrat sich
nachdrücklich und vehement gegen Atomwaffen ausgesprochen. Unter keinen
Umständen dürfe es wieder zu einem Einsatz von Atomwaffen kommen. Nach
Hiroshima und Nagasaki waren solche Bekundungen nur zu verständlich. Aber die
Oekumenische Bewegung ist auch in den Jahrzehnten nach dem ersten
Atomwaffenabwurf bei ihrer kritischen Haltung gegenüber einem Atomwaffeneinsatz
geblieben. Sie bezeichnete ihn 1983 auf ihrer Weltkirchenkonferenz in Vancouver als
ein Verbrechen gegen die Menschheit. Atomwaffen stellen durch ihre bloße Existenz
ein permanentes Kriegs- und Vernichtungsrisiko dar, selbst wenn sie vorgeblich als
Mittel der Abschreckung dienen sollen. Dies gilt umso mehr, als alle Bemühungen
um Nichtverbreitung von Atomwaffen gescheitert sind.
Anfang Februar 2018 haben die USA eine neue Nuklearstrategie angekündigt.
Sie setzt auf die Produktion „kleinerer“ Atomwaffen und erhöht damit bewusst das
Risiko ihres Einsatzes. Sie sollen vor allem gegen Russland gerichtet sein, und ein
Gegengewicht gegen Russlands wachsende atomare Kapazitäten darstellen - atomare
Aufrüstung auf allen Seiten.
Der Weltrat der Kirchen hat seine Mitgliedskirchen und die Öffentlichkeit immer
wieder darauf hingewiesen, dass die im Artikel VI des Atomwaffensperrvertrages von
1970 übernommene Verpflichtung der Atommächte, Verhandlungen über die
„allgemeine und vollständige (nukleare) Abrüstung unter strenger und wirksamer
internationaler Kontrolle“ aufzunehmen, nicht eingelöst ist. Obwohl diese
„unzweideutige“ Verpflichtung der Atommächte mit Unterstützung aller NATO-Staaten
später erneuert wurde, scheiterten Überprüfungskonferenzen des
Atomwaffensperrvertrages. Zuletzt 2015.
Daraufhin trat der Weltrat der Kirchen der Kampagne zur Abschaffung von
Atomwaffen (ICAN) bei, die im Dezember 2017 mit dem Friedensnobelpreis
ausgezeichnet wurde. Eine schöne, wichtige Geste, die aber niemanden darüber
hinwegtäuschen kann, dass das Ziel einer atomwaffenfreien Welt weiter entfernt ist
als je zuvor.
Dass Atomwaffen eben nicht andauernde Sicherheit und Schutz bieten, sondern eine
anhaltende Bedrohung der Menschheit und der Schöpfung bleiben, ist in den
vergangenen Monaten vielen Menschen erneut bewusst geworden. Der
Generalsekretär der Vereinten Nationen hat die Alarmstufe ROT ausgerufen, was die
Gefahr eines drohenden Atomkrieges angeht.
Ein Atomkrieg sei nur einen Wutanfall, einen einzigen Moment der Panik, ein verletztes Ego entfernt, hat eine ICAN- Sprecherin am 10. Dezember 2017 in Oslo
erklärt, als sie den Nobelpreis entgegen nahm.
Das Entsetzen über unverantwortlich grotesk agierende Politiker in Nordkorea und
den USA ist nicht verflogen. Die politischen Führer der USA und Nordkoreas zeigen,
dass der Besitz von Atomwaffen und das Konzept einer nuklearen Abschreckung
eben nicht zwangsläufig zur Besonnenheit führen, sondern in einer Eskalation enden
können, die die Welt ins Chaos stürzt.
Für Europa rückt die Gefahr eines atomaren Wettrüstens auch dadurch wieder näher,
dass amerikanische Politiker den INF- Vertrag von 1987 kündigen wollen, der die
vollständige Vernichtung von amerikanischen Pershing- und russischen SS-20
Raketen vorsah. Washington und Moskau werfen sich heute gegenseitig vor, durch
neue atomare Waffenentwicklungen gegen diesen INF- Vertrag zu verstoßen.
Lässt sich diese Eskalation stoppen, das Chaos vermeiden?
Die ICAN- Kampagne hat wesentlich dazu beigetragen, dass im Juli 2017 mehr als
einhundertzwanzig Staaten bei den Vereinten Nationen in New York einem Vertrag
zugestimmt haben, der Atomwaffen verbietet. Nach der Ratifizierung wird dieses
Verbot geltendes Völkerrecht. Wir wissen, dass Verträge dieser Art nicht automatisch
zur Abschaffung von Atomwaffen führen. Sich aber den Anstrengungen zu entziehen,
Atomwaffen zu reduzieren, um sie letztlich abzuschaffen, ist nicht nur grob
fahrlässig. Es ist ein Skandal. Denn solange die Unverzichtbarkeit von Atomwaffen
für die eigene Sicherheit behauptet wird, kann niemand erwarten, dass die
Weiterverbreitung von Atomwaffen zu einem Ende kommt.
Deutschland hat seine Glaubwürdigkeit beschädigt, als die Bundesregierung
beschloss, an den Verhandlungen über diesen Vertrag in New York nicht einmal
teilzunehmen. Das nach außen immer mal wieder proklamierte deutsche Eintreten für
Abrüstungsschritte erweist sich als hohl. Glückwünsche der Bundesregierung für den
Nobelpreis an ICAN wirken schal. Dabei ist Deutschland in besonderer Weise in die
Atomwaffenfrage eingebunden.
Wir erinnern daran, dass im August 1990 beide deutsche Staaten vor den Vertretern
von 147 Unterzeichnern des Atomwaffensperrvertrages feierlich erklärt haben, dass
sie „ihre vertragliche und einseitige Verpflichtung bekräftigen, nukleare, chemische
und biologische Waffen nicht herzustellen, sie zu besitzen oder über sie zu verfügen“.
Diese Verpflichtung war damals ein entscheidender Beitrag für die
Völkergemeinschaft, der Einheit Deutschlands zuzustimmen.
Die „nukleare Teilhabe“ im Rahmen der NATO ist Deutschland heute aber offenbar
wichtiger als die feierliche Erklärung von 1990, wichtiger als jede
Abrüstungsinitiative. Auch das Argument des Außenministeriums, ohne
Mitwirkung der Atommächte könne man dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt sowieso nicht näher kommen, überzeugt nicht. Denn natürlich müssen
Verhandlungen mit den Atommächten zur nuklearen Abrüstung folgen.
Vor fünfunddreißig Jahren haben Hunderttausende gegen amerikanische Pershing- und
russische SS -20 Raketen protestiert. Die Friedensbewegung in Deutschland war
ohne die Mitwirkung von Christen nicht denkbar. In den Kirchen der DDR wurde
„Geist, Logik und Praxis der Abschreckung“ eine Absage erteilt. Das Nein zu
Atomwaffen erhielt theologisch den Charakter eines Bekenntnisses. Ethisch sei der
Besitz von Atomwaffen nicht vertretbar, hat auch der Papst wiederholt erklärt und
dazu aufgefordert, entschlossen für eine Welt ohne Atomwaffen zu arbeiten.
Die Evangelische Kirche in Deutschland beschreibt sich neuerdings als eine Kirche
auf dem Wege des Gerechten Friedens. Der Friedensbeauftragte der Evangelischen
Kirche kritisiert vehement Tendenzen, aus der zivilen Friedensmacht Europäische
Union eine Militärmacht EU zu machen. Er beklagt eine schleichende Militarisierung
der Europäischen Union. Dass in der EU schon Forderungen nach einer eigenen
atomaren Bewaffnung aufkommen ist ein höchst beunruhigendes Zeichen.
Unsere Kirchen riskieren als unglaubwürdig wahrgenommen zu werden, wenn sie die
Bundesregierung nicht deutlich dazu auffordern, sich Abrüstungsinitiativen im
Rahmen der UNO nicht länger zu verweigern, und allen
Versuchen zu widerstehen, eine atomare Aufrüstung der EU zu unterstützen.
Wir lehnen die Politik der atomaren Teilhabe Deutschlands ab. Wir fordern den
Abzug der US- Atomwaffen aus Deutschland. Wir plädieren dafür, dass in unserem
Grundgesetz ein Atomwaffenverzicht aufgenommen wird. Wir werden in Zukunft
keine Partei in Deutschland wählen, die sich nicht für den Beitritt zu dem UN-Vertrag
zum Verbot von Atomwaffen ernsthaft einsetzt.
Wir wissen, dass die Oekumenische Bewegung und der sie wesentlich tragende
Weltrat der Kirchen nicht mehr populär sind in unserem Land, nicht einmal in
unseren Kirchen. Wir aber wollen, auch siebzig Jahren nach ihrer Gründung, nicht
auf ihre Stimme verzichten. Die erneute Verpflichtung auf die oekumenischen
Aussagen zur Problematik der Atomwaffen könnte den Kirchen und uns selber
helfen, eindeutiger und erkennbarer zu werden.